Will
man sich bewußt für eine behinderte Katze entscheiden, so
ist das sicherlich hoch anzurechnen. Einige Dinge sollte man vorher
aber unbedingt bedenken, denn sonst muß das Tier unter Umständen
hinterher doch nochmal weitervermittelt werden.
Einer
der gravierendsten Aspekte wird ganz offensichtlich immer wieder völlig
außer Acht gelassen: Der finanzielle. Die Kosten, die durch die
Behinderung entstehen können, sind beträchtlich. Die Betreuung
durch einen guten Tierarzt muß in der Regel insbesondere bei Katzen
mit Defiziten im Bewegungsapparat wesentlich intensiver erfolgen, als
bei nichtbehinderten Tieren. Die Gefahr schwerwiegender Verletzungen
ist einfach größer. Möglicherweise muß das Tier
dauerhaft physiotherapeutisch weiterversorgt werden, Akupunktur, Magnetfeld
und ähnliche Verfahren haben auch ihren Stellenwert. Unkomplizierter
ist da zum Beispiel angeborene oder erworbene Taubheit ohne Beteiligung
des Gleichgewichtssinns.
Katzen sind schon nicht ganz "preiswert" im Unterhalt. Wer
sowieso schon Probleme hat, einer nichtbehinderten Katze Impfungen und
Wurmkuren oder auch mal notwendig werdende Blutuntersuchungen zu zahlen,
der sollte sich wirklich gut überlegen, ob er trotz des guten Willens
in der Lage ist, ein behindertes Tier zu finanzieren.
Häufig
wird eine behinderte Katze nicht mehr so zu halten sein wie eine gesunde.
Damit die Katze sich wohlfühlen kann, bestehen bestimmte Bedürfnisse
an die Räumlichkeiten und ihre Gestaltung, wie auch an die spezielle
Katzenausrüstung. Ein behindertengerechter Kratzbaum ist nur ein
Beispiel.
Uneingeschränkter
Freigang, der zwar bei gesunden Katzen schon nicht mehr unbedingt zu
empfehlen ist, sollte aber sicherlich für gehandicapte Katzen noch
kritischer gesehen werden. Je nachdem, welche Art der Behinderung vorliegt,
ist die Beeinträchtigung beträchtlich. Einem blinden oder
tauben Tier fehlt ein wesentlicher Sinn für die Orientierung. Zwar
werden die verbleibenden Sinne geschärft, aber dennoch bleibt eine
100%ige Kompensation in der Regel aus. Eine Katze mit fehlendem oder
gelähmten Bein wird beim Rennen gegen Hunde oder andere Katzen
den Kürzeren ziehen, die rettende Mauer wird nicht erreicht, oder
sie schafft den Sprung hinauf in die Sicherheit nicht.
Die zeitlichen
Erfordernisse für eine gehandicapte Katze sind mit absoluter Sicherheit
wesentlich höher als für ein gesundes Tier. Das fängt
an bei den oben schon erwähnten (physio-)therapeutischen Maßnahmen,
die zum Teil zuhause selbst durchgeführt werden können, zum
Teil beim Fachmann stattfinden. Tiere mit Lähmungen entwickeln
schneller schlechter abheilende Wunden, deren Behandlung auch wieder
zeitintensiv werden kann.
Auch für
die Urlaubsbetreuung stellen gehandicapte Tiere unter Umständen
eine Herausforderung dar. Nicht jeder Mensch ist versiert genug, einer
Katze täglich Tabletten oder gar Spritzen zu verabreichen. Auch
die Zuhause durchgeführte Physiotherapie sollte nach Möglichkeit
nicht unterbrochen werden. Der Urlaubsbetreuer muß damit nicht
selten in eine Vielzahl von Maßnahmen eingewiesen werden. Frühzeitig
jemanden zu finden, der dazu bereit ist, ist sicherlich ganz wichtig
aber auch nicht selten schwierig.
Erfahrungsgemäß
wachsen einem behinderte Tiere ganz besonders ans Herz. Das ist auch sicherlich
gut so, weil nicht zuletzt dadurch die optimale Versorgung des kleinen
Schützlings gewährleistet wird. Allerdings birgt das auch das
Risiko, die Situation für die Katze zu verkennen und nicht zu sehen,
ob nicht doch vielleicht die Lebensqualität durch starke Schmerzen
so sehr beeinträchtigt ist, daß das Leben für sie nicht
mehr lebenswert ist. Gerade in der ersten Zeit nach akuten Geschehen begibt
man sich damit auf eine Gratwanderung, die manchmal auch für den
Dosenöffner nicht einfach zu ertragen ist.
Der Zustand des Tieres ist häufig kein Dauerzustand. Duch lähmungsbedingte
Fehlbelastungen von Knochen und Gelenken kann es frühzeitig zu schmerzhalften
Muskelverspannungen kommen, auf längere Sicht zu degenerativen, nicht
selten schmerzhaften Veränderungen von Knorpel und Knochen kommen.
Was soviel heißt, wie, daß diese Tiere unter Umständen
trotz liebevollster Pflege eben doch keine normale Lebenserwartung haben.
Und im Zusammenhang damit muß man seinen Schützling auch immer
wieder kritisch beobachten, ob er tatsächlich noch Freude am Leben
hat oder nicht. Bei einem kleinen Feger wird das in der Regel nicht schwerfallen,
bei ruhigeren Tieren unter Umständen schon. Die dann anstehende Entscheidung
sollte man schnell treffen und nicht die Katze, weil man sich nicht trennen
kann, unnötig leiden lassen.