Am 12.1. fand ich Emma abends laut schreiend im Badezimmer. Sie lag auf dem Boden, bewegte die Beine nicht, jede Bewegung, die sie machen mußte, hat sie vor Schmerzen zum Schreien gebracht. Die Tierärztin stellte eine schlaffe Lähmung beider Hinterbeine und des Schwanzes sowie einen Sensibilitätsausfall in diesem Bereich fest. Beim Röntgen zeigten sich keine Organauffälligkeiten, keine Knochenauffälligkeiten, nur eine Weichteilschwellung (also eine Schwellung der Muskulatur oder auch ein ausgedehnter Bluterguß) oberhalb der Lendenwirbelsäule fiel auf. Offensichtlich lag eine Kompression des Rückenmarkes
und/oder der Spinalwurzeln vor, ein sogenannter "Reitender Thrombus"
(ein Verschluß der Hauptschlagader an der Aufgabelung in die beiden
Beckenarterien) konnte ausgeschlossen werden. Emma bekam dann eine Infusion gegen Flüssigkeitsverluste, Cortison gegen die Schwellung, Vitamin B-Komplex für die Nervenregeneration, ein ZNS-gängiges Antibiotikum und Furosemid, ein Diuretikum, auch um die zusätzliche Flüssigkeit aus dem geschwollenen Gewebe zu ziehen. Mit einer "dezent kleinen" Hundetransportbox (geeignet für Dänische Doggen, Dobermänner und andere kleinen Hündchen) im Kofferraum als Lager für die nächsten Tage und Wochen durfte ich Emma wieder mitnehmen. In der Nacht klingelte alle zwei Stunden der Wecker, um Emma zu drehen, damit keine Druckstellen entstehen konnten. Am nächsten Morgen zeigte sich leider nicht ein Fatz Besserung, im Gegenteil, es war schlimmer geworden: Emma hatte nun auch noch die Kontrolle über die Blase verloren. Daraufhin kam Emma stationär zur Tierärztin. In den folgenden Tagen bekam sie zusätzlich Mannitolinfusionen, weiterhin die B-Vitamine, Cortison, Antibiose und auch Theranekron, da das den Abtransport der Blutbestandteile fördert. Die ersten Fortschritte zeigten sich schon in den ersten Tagen nach Behandlungsbeginn: Die Schwellung über den Lendenwirbeln ging zurück, die Sensibilitätsausfälle auch. Nach einer Woche durfte ich Emma endlich wieder mit nach hause nehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nach wie vor heftige Schmerzen bei Bewegungen der Lendenwirbelsäule, und inzwischen waren Bewegungen der Beine aufgrund der zurückgekehrten Sensibilität auch schmerzhaft. Minutenweise konnte sie mit Hilfe die Hinterbeine belasten, konnte aber nicht drauf sitzen oder gar stehen. Kontinent war sie inzwischen wieder. Jetzt bekommt sie Bach-Blüten, um die Situation einigermaßen tolerieren zu können, sowie Neychondrin. Mit einigen Tagen Verzug begann dann für Emma gestern (24.1.) die "Reha". Meine Tierärztin hatte es fertiggebracht, Emma in einem Rehazentrum, das sich eigentlich auf Pferde spezialisiert hat, die aber auch in der Lage sind, Kleintiere zu behandeln, eine Behandlung zu arrangieren. Dort bekommt Emma Akupunktur und eventuell in den nächsten Tage auch noch Magnetfeldbehandlungen. Die Akupunktur schlägt bei ihr sensationell an. Vor der ersten Behandlung war sie gerade in der Lage, für wenige Minuten wieder "kätzisch" zu sitzen, die Hinterbeine waren aber nach wie vor schlaff. Nach der Akupunktur konnte Emma für Sekunden auf den Beinen stehen, sie hat deutlich mehr Muskelkraft in ihnen als vorher. Die zweite Behandlung heute verstärkte die ersten positiven Effekte noch. Inzwischen bewegt sie die Hinterbeine aktiv, wenn sie auf der Seite liegt. Homöopathisch gibt es zusätzlich 3x täglich Plumbum metallicum (das ist Blei ;-) ). Nachteil der sprunghaften Verbesserung: Madame leidet an akutem Höhenwahn ;-). Ihr liebstes Ausbruchsziel ist der Kratzbaum. Bis in die Höhle auf etwa 40cm Höhe hat sie es schon geschafft. Keine Ahnung wie. Nur runter - das ging natürlich nicht... 1.2.: Eine kleine Korrektur: Die Sensibilitätsausfälle sind noch nicht völlig weg, die rechte Pfote ist immer noch taub. Da ich vor einigen Tagen ein Knurren kassiert hatte, als ich die Pfote angefaßt hab, dachte ich, sie spürt das. Aber vorgestern abend habe ich sie gepiesackt, eine befreundete THP hatte mir gezeigt, wie ich überprüfen kann, ob die Reflexbahnen schon wieder normal funktionieren, und dabei hat sie (sie schlief) überhaupt gar nicht reagiert. Im Moment ist es also nicht so toll, sie hat ja nach den ersten Akupunkturen super Fortschritte gemacht, aber jetzt stagniert es. Das rechte Bein war immer besser als das linke, jetzt ist es wesentlich schlechter... Und auch Emmas Lebensmut scheint zu schwinden... 2.2.: Heute war ein ganz schlechter Tag. Emma
und ich waren bei unserer Tierärztin. Ich wollte ihre Meinung zur
fortbestehenden Taubheit des rechten Hinterbeines hören. Sie war
entsetzt; meine Befürchtung hat sich bestätigt: Dieser Zustand
hat sich trotz der Akupunktur seit der Entlassung aus der stationären
Behandlung vor exakt 2 Wochen nicht einen Deut gebessert. Die sichtbaren
Fortschritte sind ausschließlich auf die Besserung des linken Hinterbeines
zurückzuführen. Seelisch geht es ihr nicht gut. Sie kämpft
nicht mehr, sie gibt sich gegenüber den Einschränkungen geschlagen. 4.2.: Emma wird ein wenig lebendiger. Die Akupunktur
strengt sie zwar nach wie vor extrem an und sie verschläft dann fast
den gesamten restlichen Tag, aber da ich unbedingt das linke Hinterbein
auftrainieren will, muß Madame sich jetzt häufiger mal bewegen.
Die Transportbox ist eigentlich ganztägig offen, weil ich zuhause
lerne. Wenn ich mal weg muß, und auch nachts, ist sie aber nach
wie vor in der Box. Das Risiko, daß sie sich verletzt, ist mir zu
groß. Tagsüber ist sie aber inzwischen gar nicht mehr in dem
Ding, vielmehr bewegt sie sich wieder ein wenig mehr. Zwar langsam und
wackelig, aber sie kommt ans Ziel. Besonders freut mich, daß sie
es alleine schafft, auf mein Bett zu kommen; immerhin gut 50 cm hoch. 5.2.: Als ob Emmas Bündel nicht schon
schwer genug wäre... Heute nach der Akupunktur habe ich am Ballen
ihrer linken Hinterpfote (genau, die, die funktioniert:-/) eine Nekrose
entdeckt. Die Tierärztin war hocherfreut, uns nach ewigen drei Tagen
mal wieder zu sehen ;-), gab eine Salbe zur Pflege mit. Gottseidank ist
es keine bakteriell besiedelte Nekrose. 9.2.: Seit Samstag habe ich mich nicht getraut,
mich darüber wirklich zu freuen: Emma zeigt Reaktion bei Reizung
der Knochenhaut am rechten Hinterbein. Die Reaktion kommt wirklich nur
auf starke Schmerzreize, aber sie ist da. Ich hoffe, daß es jetzt
allmählich auch rechts besser wird. 12.2.: Gestern abend gab es erstmals die neue
Bach-Blütenmischung, nachdem sich Emmas Situation in den letzten
Tagen ja doch recht extrem verändert hat. Sie spricht super darauf
an und hat mich gestern abend noch unendlich stolz auf sie gemacht: Sie
ist auf ihren Lieblingsplatz auf der Fensterbank gekommen: Über denn
Mülleimer ;-), aber der kleine Umweg sei ihr verziehen *g*. 16.2.: Die Fortschritte sind winzig, aber sie
sind da. Die Sensibilität kommt wieder in das rechte Hinterbein.
Zwar ist die Pfote immer noch komplett taub, aber dafür werden unterhalb
des Sprunggelenkes wieder auch geringere Schmerzreize wahrgenommen. Statt
des Lachresis mutus gibt es jetzt Naja tripudians, das trifft insgesamt
besser auf Emma zu. 17.2.: Die TÄ war begeistert! Emma hat bei der Nekrosekontrolle eine kleine Kostprobe ihres Gehkönnens gezeigt. In der Praxis lief sie natürlich noch viel besser als hier zuhause. Zusätzlich zur Salbe habe ich für die Nekrose nun noch einen Badezusatz mitbekommen. Nicht ganz ohne Schadenfreude hat die TÄ mir mitgeteilt, wie ich Emma das zugute führen muß. Entweder mittels feuchter Umschläge oder direkt: Fuß in die Kaffeetasse, in der das angerührt wird. Da nur die Harten in den Garten kommen, haben wir uns natürlich für letztere Variante entschieden. Emma ist tapfer *g*. 18.2.: Der Kratzbaum muß für Emma umgebaut werden, damit sie ihn überhaupt wieder nutzen kann. Jetzt traut sie sich so nur in die Höhle, die fast auf Bodennähe ist. Emma liebt aber die Höhe. Ihren Lieblingsplatz, ein Regal über der Tür, kann sie nur über den Kratzbaum erreichen, dasselbe gilt für den Schrank. Deswegen wird nun so angebaut, daß sie Stufen von maximal 50 cm vorfindet. Das schafft sie. Und damit hat sie auch ihren Ausguckposten wieder. Die Materialien sind bestellt. Dauert eigentlich etwa 10 Tage. Als ich die Situation erklärte, versprach man mir eine schnellere Lieferung. Sehr nett... Aber für 60€ darf man das auch sein ;-). 21.2.: Wir warten immer noch auf den Kratzbaumanbau... 24.2.: Und wir warten immer noch... So langsam
werde ich ein wenig knatschig. Emmchen schaut immer wieder sehnsüchtig
auf die Halbschale des Kratzbaumes. Ihr Lieblingsschlafplatz, und sie
kommt nicht hinein. 26.2.: Ich habe meine Katzen ja furchtbar lieb
- aber wenn sich nicht innerhalb der nächsten 10 Minuten eine von
beiden auf den frisch aufgebauten behindertengerechten Kratzbaum begibt,
dann platze ich ;-)! Die letzten Wochen hat sich nur Emma nicht auf den
Kratzbaum bewegt, jetzt meint auch Moritz, er könne das nicht...
Konsequent ignorieren scheint die Devise zu lauten. 27.2.: Es ist phänomenal: Emma ist wie ausgewechselt. Als ob sie den entscheidenden Kick Lebensfreude durch den Kratzbaumumbau bekommen hätte. Sie spielt wieder ausgiebig mit Moritz und sieht einfach glücklich aus, wenn sie in der Schlafmulde hockt, nachdem sie dort alleine hingekommen ist. Ganz nach oben traut sie sich noch nicht. Aber gut Ding will schließlich Weile haben ;-). 28.2.: Nu' geht es mir ein wenig zu schnell... Mit Mühe kam sie auf die oberste Plattform des Kratzbaumes, von dort in die Halbschale, und von da auf den Schrank und in die Transportbox. Mir ist der Atem förmlich stehengeblieben. Aber sie ist vorsichtig, sie weiß, was sie schafft. 29.2.: Emma kann einem echt leidtun: Jetzt
hat sie sich den Pfotenrücken, auf dem sie ja nach wie vor hinten
rechts läuft, so wundgelaufen, daß das Fell ab ist und die
Haut stark gereizt ist. Ich könnte heulen. Endlich heilt die Nekrose
ab, und dann das... Also werde ich wohl für das rechte Bein doch
nicht um eine Socke herumkommen. 1.3.: Emmas linkes Bein ist jetzt - auch zur
richtenden Schienung wegen der Fehlbelastung - nett rot eingepackt *g*.
Zumindest solange, bis die liebe Sabine uns die erste Socke für das
Hinkebeinchen schickt. 4.3.: Die Tage mit dem Stützverband sind
Emma nicht gut bekommen. Im Moment schlürt sie auf Teppich das rechte
Hinterbein fast konstant nach; offensichtlich ist durch die Unterstützung
das restliche Bißchen Muskelkraft, das das obere Sprunggelenk stabil
hielt, noch ein Stückchen weiter atrophiert. 7.3.: Heute morgen hat Emma mir schon den ersten
richtigen Adrenalinstoß verpaßt: Emma liegt inzwischen wieder
sehr gerne im Badezimmer auf dem warmen Fußboden (Fußbodenheizung),
obwohl sich dort ihr Unfall zugetragen haben muß. So auch vorhin.
Bis ich plötzlich ihr lautes Gefauche hörte, das den inzwischen
so bekannten Schmerzunterton hatte. Als ich ins Badezimmer kam, lag sie
auf dem Boden, genau wie ich sie im Januar vorgefunden hatte, sah mich
kläglich maunzend an. Die Ursache stellte sich aber als gottseidank
eher harmlos heraus: Sie war mit einer Kralle ihres Hinkebeines (über
die Krallen an diesem Bein hat sie keine Kontrolle) unter dem Rand der
Waage hängengeblieben. Daß die Waage nun nicht mehr im Badezimmer
steht, brauche ich wohl nicht zu sagen ;-). 8.3.: Die nächste Hiobsbotschaft: An einer
Stelle, an der sie das Naja s.c. gespritzt bekommen hat, ist eine Schwellung
bzw. ein "Knubbel" entstanden. Nachher steht dann also erst
mal wieder der nächste Tierarztbesuch an. 9.3.: Emma war gestern nochmal zur Begutachtung
bei der TÄ. Der Knubbel an der rechten Flanke ist ganz offensichtlich
entweder eine Spritz- oder Akupunkturfolge. Auf alle Fälle wohl eher
harmlos, weder abszeß- noch sarkomartig. Wird weiter beobachtet
und gut ists erst mal. 12.3.: Mit den kleinen Schrecksekunden der letzten Tage ist es jetzt erstmal genug. Emma ist artig und schont meine prüfungsgeplagten Nerven. Dafür macht Moritz immer mehr Probleme. Er kann ganz offensichtlich überhaupt nicht akzeptieren, daß Emma nicht mehr so viel mit ihm spielen will, wie das vor dem Unfall normal war. Immer häufiger ist er ihr gegenüber richtiggehend grantig, wenn sie auf seine Einladung zum Balgen mit einem Rückzug auf den Schrank reagiert. Vorgestern hätte er sie fast vom Kratzbaum getitscht, als sie im "Aufmarsch" war. Sie macht es sich ja gerne mal schwer und nimmt die 80cm-Säule. Dort ist sie für Moritz besonders gut angreifbar. Er springt dann hinterher und verpaßt ihr einen Tatzenhieb. Bei ihrem dreibeinigen Balanceakt nach oben bleibt das nicht wirklich folgenlos. Nun gibt es also ein Bäumchen-wechsel-Dich: Emma kriegt inzwischen keine Bach-Blüten mehr. Nur Moritz, der braucht sie ganz offensichtlich :-(. 15.3.: Emma hat immernoch unter den Nachwehen
dieser blöden Nekrose zu leiden. Die eine Kralle am linken Hinterfuß
sah schon recht leblos aus, die sonst eher rötlich sichtbaren Blutgefäße
waren bläulich-gräulich verfärbt. Seit vorgestern blutete
es immer mal wieder, genaues Hingucken zeiget, daß die Kralle z.T.
abgerissen war. Den nächsten Gang zur TÄ hat Emma sich und mir
heute morgen erspart: Beim Sprung auf den Kratzbaum war sie dann ganz
ab. Emma hat nun also eine weitestgehend gute Statik
in der hinteren Extremität, die hoffentlich in den nächsten
Jahren nur wenig Probleme in Form von Muskelverspannungen und Gelenkveränderungen
hervorrufen wird. Das Thema Amputation ist nun keines mehr, über
das ich noch großartig nachdenke. Natürlich ist die Verletzungsgefahr
durch die fehlende Sensibilität so nun größer, aber ich
halte die Auswirkungen einer Amputation auf die Körperstatik für
gravierender - weswegen ich nun wohl lernen muß, mit dem mulmigen
Gefühl zu leben, das ich bekomme, wenn ich das Haus verlasse und
die Katzen alleine lasse. Lebensqualität? Die Frage kann ich mit einem eindeutigen Ja beantworten. Emma ist in den letzten Wochen so gut zufrieden, daß es eine unendliche Freude ist, sie anzusehen. Sie strotzt vor Zufriedenheit und lernt Tag für Tag ein wenig mehr mit der Situation klarzukommen. Mein kleiner roter Feger - ich bin so unendlich stolz auf sie.
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