Krankheiten
- Grundsätzliches
Der richtige Tierarzt:
Leider sind die kleinen Kobolde recht krankheitsanfällig. Daher sollte
man sich als aller erstes, wenn man sich Vögel ins Haus holt, auch
wenn sie nicht krank sind, einen vogelkundigen Tierarzt suchen. Tierärzte
lernen an der Uni nicht ausreichend über die Behandlung von Vögeln,
daher sind in der Regel die klassischen Kleintierärzte spezialisiert
auf Katzen, Hunde und Nager, haben aber kaum oder gar keine Ahnung von
Vögeln. Leider werden trotzdem meist Vögel behandelt, ohne größere
Fachkenntnisse, und ohne dem Halter mitzuteilen, daß man eben diese
nicht hat. Zur Vogelbehandlung bedarf es eigentlich weiterer Fortbildungen.
Großes Glück hat, wer einen Facharzt für Ziervogelkrankheiten
findet - der ist mit Sicherheit ein Vogelfachmann, bei anderen sind dann
aber zuzätzliche Fortbildungen erfolgt, die auch einen herkömmlichen
Kleintierarzt befähigen, Vögel fachgerecht zu verarzten. Die
Adresse sollte man möglichst haben, bevor der Welli krank wird.
Der richtige Griff:
Zum Verabreichen von Medikamenten oder auch zur Bestimmung des Ernährungszustandes
oder der Kropffüllung kann es erforderlich werden, den Welli einzufangen
und in die Hand zu nehmen. Das geschieht am besten nicht unkoordiniert
mit einem Handtuch einfach irgendwie festgehalten, sondern so, wie hier
beschrieben:
Einen Welli halten
So sind im übrigen auch die Schwanzfedern relativ sicher vor dem
Verlust durch Schockmauser;-).
Allgemeine Krankheitssymptome:
Bei Wellensittichen Krankheiten überhaupt wahrzunehmen, ist nicht
einfach. Die kleinen Zwerge sind wahre Schauspieler, die einem und den
Artgenossen bis zum Zusammenbruch weismachen, daß sie gesund sind.
Hinzukommt, daß der kleine Vogelorganismus einen wesentlich schnelleren
Stoffwechsel hat als der Mensch, sodaß Krankheiten also auch wesentlich
schneller fortschreiten als beim Menschen. Daher ist schon auf Kleinigkeiten
zu achten. Verminderter Appetit, Kotveränderungen, matte Augen, mattes
Gefieder können erste Anzeichen einer Krankheit sein.
In der Regel sind die Artgenossen sensibler gegenüber Krankheitszeichen
ihrer Kumpels als wir Menschen das sein können. Ein urplötzlich
verändertes Verhalten eines Schwarmes gegenüber einem einzelnen
Vogel kann daher auch Hinweis auf eine Krankheit sein. Wenn also ein sonst
völlig integrierter Welli auf einmal absoluter Außenseiter
in der Gruppe ist, dann sollten die Alarmglocken schrillen.
Sitzt ein Vogel apathisch und aufgeplustert fast waagerecht auf dem Ast
oder gar auf dem Boden, dann ist er krank! Der Weg zum TA sollte dann
im Schweinsgalopp erfolgen, sonst kann es schnell zu spät sein. Warten,
ob es bis morgen oder übermorgen von selbst besser wird, bedeutet
in mindestens der Hälfte der Fälle das sichere Todesurteil für
den kleinen Hausgenossen. Denn vielfach ist im fortgeschrittenen Stadium
eine sonst gut behandelbare Krankheit nicht mehr in den Griff zu kriegen.
Daher lautet meine Devise immer: lieber einmal zu häufig als einmal
zu wenig zum TA.
Isolation:
Ein kranker oder scheinbar kranker Vogel gehört grundsätzlich
von den anderen Vögeln getrennt, bis bewiesen ist, daß die
Krankheit nicht ansteckend ist bzw. das Tier wieder gesund ist. Zu diesem
Zwecke sollte man eigentlich immer einen zweiten Käfig im Hause haben;
den erst bei Krankheit besorgen zu müssen, ist alles andere als optimal
- zumal Wellis eigentlich prinzipiell am liebsten am Wochenende krank
werden;-).
Das wird mit einem Mordstheater vonstatten gehen, der in Einzelhaft Gesetzte
wird Zeter und Mordio schreien und Verrenkungen machen, was das Zeug hält,
aber da muß man hart bleiben. Vor allem darf man nicht denken, der
Welli sei ja gar nicht krank, so wie der da gerade einen Budenzauber aufführt.
Er veranstaltet das Theater, um wieder zu seinen Kumpels gelassen zu werden.
Der Krankenkäfig kann ruhig recht klein sein. Bei bestimmten Erkrankungen
ist es von Vorteil, wenn der Wellensittich sich nicht zu viel bewegen
kann. Und die Zeit im Krankenkäfig ist ja auch begrenzt.
Unterstützende
Maßnahmen zuhause:
Diese
Maßnahmen sind ausschließlich zur Unterstützung geeignet,
sie ersetzen nicht den TA-Besuch und die tierärztliche Behandlung!
Rotlicht:
Es kann eigentlich immer gegeben werden, auch wenn man häufig hört,
daß es bei Hirnverletzungen ungeeignet sei. Rotlicht fördert
das Wohlbefinden des Vogels und liefert die Wärme, die das Tier durch
Krankheit oder Schock verliert. Die Rotlichtlampe sollte in etwa 50 cm
Entfernung vom Käfig aufgestellt werden, und zwar so, daß die
Hälfte des Käfigs bestrahlt wird. In die andere Hälfte
sollte sich der erkrankte Vogel zurückziehen können, wenn es
ihm zu viel wird. Die Lampe kann über längere Zeit brennen,
nur wenn sie ausgeschaltet werden soll, dann sollte man vorher in kleinen
Schritten die Entfernung zum Käfig immer weiter vergrößern,
damit der Welli nicht zu schnell zu stark auskühlt.
Vorsicht: man bekommt immer wieder zu hören, daß man bei der
Rotlichtbestrahlung die eine Käfighälfte abdecken sollte. Das
ist grundlegend falsch! Rotlicht dringt auch durch die Decke hindurch,
das Käfiginnere heizt sich extrem auf, und der Vogel, der vor dem
direkten Licht unter die Decke flüchtet, kann einen Hitzeschlag bekommen.
Keim-/Quellfutter:
Es ist kropfschonend und gut verdaulich und daher immer dann angezeigt,
wenn ein Wellensittich eine Kropfentzündung oder andere Erkrankungen
des Magen-Darm-Traktes hat. Ein wenig Vorsicht ist bei Durchfällen
geboten: da könnte durch Keimfutter die Symptomatik noch verstärkt
werden.
Bei besonders stark abgemagerten Vögeln bietet es sich an, Quellkolbenhirse
zu füttern. Kolbenhirse ist kohlenhydrat- und damit kalorienreich.
Sie ist eine gute Möglichkeit zum Päppeln, weil sie auch so
gerne gefressen wird.
Schwarzer Tee:
Sollte gegeben werden bei Atemwegserkrankungen, Kropfentzündungen,
Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes.
Der Wirkstoff des Schwarzen Tees, das Teein, wirkt schleimhautberuhigend
und leicht stopfend, erweitert die Bronchien und regt Kreislauf- und Atemzentrum
an.
Schwarzer Tee wird lauwarm bis kalt gegeben, nachdem er etwa eine Minute
gezogen ist. Für eine Tasse Tee reicht ein halber Teelöffel
losen Tees aus. Man kann ihn mit einer Messerspitze Traubenzucker versüßen.
Er wird statt des normalen Trinkwassers gegeben und kann auch von gesunden
Tieren mitgetrunken werden.
Traubenzucker:
Kranke Vögel verbrauchen vermehrt Energie, fehlt die Energie, ist
die Genesung verzögert. Daher bietet es sich grundsätzlich bei
jeder Erkrankung an, Traubenzucker zu geben. Er kann entweder über
das Trinkwasser bzw. den schwarzen Tee gegeben werden; da rührt man
eine Messerspitze unter. Oder man gibt in etwa dieselbe Menge über
das Quell- oder Keimfutter.
Babybrei:
Ist ähnlich wie Quell- und Keimfutter auch sehr kropf- und verdauungstraktschonend
und liefert dabei eine Menge Energie. Allerdings geht ein kranker Vogel,
der keinen Babybrei kennt, da garantiert nicht dran. Wer Babybrei im Krankheitsfall
verfüttern will, der sollte seine Tiere schon vorher daran gewöhnen.
Haferflocken:
Ebenfalls kropf- und verdauungstraktschonend. Man nehme Haferflocken und
rühre sie mit Wasser (keine Milch!!!) zu einer Pampe. In diese Pampe
kann man Möhrenraspeln, kleine Apfelstückchen oder ähnliches
geben. Das Ganze kann dann auch noch mit Traubenzucker angereichert werden.
Der Phantasie sind da eigentlich keine Grenzen gesetzt. Auch hier gilt
wieder: was der Bauer bzw. der Welli nicht kennt, das frißt er nicht.
Schon gar nicht, wenn er krank ist. Also vorher dran gewöhnen.
Ein paar Worte zur
Zwangsernährung:
Zwangsernährung macht Sinn, wenn Vögel nicht mehr selbst fressen.
Man braucht dazu einige Erfahrung, wie man einen Wellensittich fachgerecht
in der Hand hält, eine 1ml-Einmalspritze (ohne Nadel!) und Babybrei
oder Haferflockenmatsch (der muß aber ganz dünn sein, damit
er spritzbar ist). Tropfenweise kann man dem Vogel dann das Futter in
den Schnabel spritzen. Man muß sich jedoch darüber im Klaren
sein, daß das für das kranke Huhn eine unendliche Menge Streß
darstellt, vor allem, wenn es nicht handzahm ist.
Ich bin kein Freund der Zwangsernährung. Ich hab das ein einziges
Mal gemacht, mir danach geschworen, es nie wieder zu tun, und der von
mir zwangsernährte Vogel hat es auch ohne weitere Zwangsernährung
geschafft. Ich bin der Meinung, daß der Welli, der leben und wieder
gesund werden will, auch von selbst frißt. Und eine zweitägige
Fastenzeit bei einem Schock stellt auch, entgegen weitläufiger Meinung,
keine Gefahr für einen Wellensittichorganismus dar. Hält im
Schock die Nahrungskarenz länger als zwei Tage an, sollte man allerdings
doch zwangsernähren, da ein Tier in diesem Zustand nicht instinktgesteuert
handelt.
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